Rosa, H. (2005). Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Frankfurt a.M.: Suhrkamp.

Komplexe, theoretische und dicht geschriebene Habilitationsschrift zur Zeitsoziologie. Im Mittelpunkt stehen Analysen zu der Erfahrung keine Zeit zu haben, owohl sie (z.B. durch Einsatz von Informationstechnologie) im Überfluss gewonnen wird. Eine scharfsinnige Beschreibung und Argumentation, die die Veränderungen im Erleben von Zeitstrukturen und sozialer Beschleunigung analysiert. Hieran anknüpfend sollte die Frage nach den Auswirkungen auf den Bereich der Behindertenhilfe ausgearbeitet werden: "...wobei [...] Herrschaft in aller Regel die Herrschaft des Schnelleren ist." (S.36). Was bedeutet das für die Herrschaftsstrukturen in der alltäglichen Praxis der Behindertenhilfe, in der Begegnung mit Menschen, die als geistig behindert gelten?

Rosa entwirft zunächst ein Grundgerüst einer systematischen Theorie der sozialen Beschleunigung, zeigt dann mit Wirkungsweisen und Erscheinungsformen eine Phänomenologie derselben auf. In den nachfolgenden Abschnitten arbeitet Rosa Ursachen auf und stellt Konsequenzen dar, die im Schlusswort im Bild des rasenden Stillstands münden. Quasi nebenbei liefert Rosa über die "Halbwertzeit des Wissens" (S. 176) ein Argument für die veränderte Wahrnehmung älterer Menschen in unserer Gesellschaft - der `weise Alte´, der schon alles erlebt hat und dadurch wertvolle Ratschläge liefern kann, hat als Figur ausgedient und wird zu demjenigen transformiert, der nicht mehr mitkommt und dadurch seine Bedeutung für die nachfolgende Generation verliert.

...what about...

Basale Selbstbestimmung

Elemente basaler Basale Selbstbestimmung (Überwindung des intellektuell verkürzten Verständnis von Selbstbestimmung, welches, zu Ende gedacht, Menschen mit schwerer geistiger Behinderung ausschließen würde (S. 93):

1. Selbstentscheiden - dem Menschen mit geistiger Behinderung bei den kleinsten Angelegenheiten des Alltags die Möglichkeit geben, zu entscheiden (Autonomieprinzip).

2. Erfahren der eigenen Wirkung - (Notwendigkeit der) Erfahrung, dass die eigene Aktivität grundsätzlich zu einem Resultat führt (Ausbildung der Kopplung von Handlung und Erfahrung).

3. Selbsttätigkeit - Selbstbetätigung im Sinne einer motorischen Aktivität aus eigenem Impuls, im eigenen Rhythmus. Selbstbestimmung wird hinsichtlich der kognitiven Anforderungen voraussetzungsloser. (S. 77 ff.)

 

Weingärtner, C. (2009). Schwer geistig behindert und selbstbestimmt. Eine Orientierung für die Praxis. Freiburg im Breisgau: Lambertus.