Krähnke, U. (2007). Selbstbestimmung. Zur gesellschaftlichen Konstruktion einer normativen Leitidee. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.

In seiner Dissertation bestimmt Krähnke den populären Begriff Selbstbestimmung als semantische Leerformel, in deren inhaltlicher Beliebigkeit (und damit zugleich Unverbindlichkeit trotz normativer Aufladung des Begriffs) ein Grund für die wachsende Popularität zu suchen ist. Krähnke zeigt, dass es auf eine konkrete inhaltliche Konturierung und im jeweiligen Kontext Spezifizierung des Begriffs ankommt, wenn er handlungspraktisch verwertet werden soll/verwertbar sein soll. Für die Praxis interessant, da in den Blick gerät, wie wenig geklärt die genauen Inhalte von Selbstbestimmung sind, sobald tautologische Definitionsversuche aufgegeben werden. Hierin liegt die Chance, den Begriff der Selbstbestimmung für die Sozialpädagogisch Behindertenhilfe inhaltlich zu schärfen und ihm ein spezifisches Profil zu geben, dass die Umsetzung aktueller politischer Entwicklungen berücksichtigen kann.

Krähnke führt in drei Abschnitten Gedanken zur Selbstbestimmung aus und konkretisiert in einem vierten Abschnitt beispielhaft den Einfluss der Selbstbestimmungsrethorik auf den Abtreibungsdiskurs darin angewandte Machtpraktiken: Die suggerierte Selbstbestimmung. Ein ideengeschichtlicher Abriss; Die leerformelhafte Selbstbestimmung. Eine sprachanalytische Zwischenbetrachtung; Die umkämpfte Selbstbestimmung. Ein mediensoziologischer Erklärungsansatz; Selbstbestimmung im Abtreibungsdiskurs. Eine empirische Fallstudie.

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Selbstbestimmung als Schlüsselbegriff

"Selbstbestimmung ist ein Schlüsselbegriff in der gegenwärtigen Diskussion um die Zurückschneidung des Wohlfahrtstaates. Sie impliziert eine Leugnung von sozialen Abhängigkeiten und führt oft genug zu einer Negativbewertung jener, die auf Hilfe angewiesen sind. Sennett behauptet eine Korrelation zwischen Abhängigkeit, Scham und Zorn: Wenn sich die Erfahrung der Abhängigkeit mit einem Gefühl der Scham über diese Abhängigkeit verbindet - was nahe liegt, weil Abhängigkeit negativ konnotiert ist und als persönlicher Makel, als Indiz des Scheiterns verstanden wird - dann entstehen hilflose Wut und Misstrauen." (S. 203)

Dederich, M. (2001). Menschen mit Behinderung zwischen Anerkennung und Ausschluss. Bad Heilbronn: Klinkhardt.