Krais, B. & Gunter, G. (2002). Habitus. Bielefeld: transcript Verlag.

Dieses Buch stellt in übersichtlicher und verständlicher Form das Habitus-Konzept des französischen Soziologen Pierre Bourdieu vor. Es stellt dar, wie der Körper sozialer Akteure als Speicher für soziale Erfahrungen dient und damit die Geschichte des Individuums verinnerlicht und wiederkehrend in das aktuelle Handeln mit einfließen lässt. Auf den knapp 90 Seiten wird das Habitus-Konzept losgelöst vom gesamten Gedankengebäude Bourdieus dargestellt und somit verkürzt und einseitig. Als Einführung in eine interessante und produktive Denkweise Gesellschaft und ihre Zusammenhänge zu beschreiben jedoch ausgesprochen gewinnbringend. Das Buch ist als Grundlage für Reflexionen eigenen Verhaltens und den eigenen unabdenkbaren Einfluss auf die Beobachtung/Interpretation des Verhaltens anderer geeignet und gestattet es, den nutzbaren theoretischen Hintergrund in eigene Denkprozesse zu überführen, was zu einer relativeren Einstellung gegenüber (sozialer) "Wahrheit" und Handlungsmöglichkeit führt.

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Erlernte Hilflosigkeit

- Hilflosigkeit und Apathie können erlernt werden: Leben Menschen in Institutionen, in denen alle Entscheidungen abgenommen werden, entwickeln sie entsprechendes Verhalten

- Abnehmen von Entscheidungen, Handeln ohne Erfolg oder Konsequenz haben Auswirkungen auf die Motivation und die Kognition (vgl. Deci &Ryan: Selbstbestimmungstheorie der Motivation): "Verliert der Mensch die Kontrolle über die Konsequenzen seines Verhaltens, so erlebt er sein Handeln als unsinnig, dies verringert seine Motivation zum Handeln, er reagiert apathisch und hilflos." (S. 176)

- Einfluss auf die Kognition: Nach Erfahrung der Unkontrollierbarkeit hat der Mensch Schwierigkeiten wieder zu lernen, dass seine Reaktionen einen Einfluss haben

- Glaube, dass Erfolg und Misserfolg unabhängig vom eigenen Können sind

- Bewohner in Institutionen sollte ein größtmögliches Maß an Selbsttätigkeit und Selbstentscheidung erhalten bzw. ermöglicht werden

- Selbstbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten sind daher nicht nur pädagogische Ziele auf Grundlage eines Menschenbildes, das den autonom handelnden individuellen Menschen im Blick hat, sondern eine wesentliche Voraussetzung für die psychische Gesundheit des Menschen und damit für seine physische Existenz (S. 176)

 

Thesing, T. (2009). Betreute Wohngruppen und Wohngemeinschaften für Menschen mit geistiger Behinderung. Freiburg im Breisgau: Lambertus.